Wenn Roboter Roboter bauen


Selbstreplizierende Roboter haben immer schon Fantasie und Ängste der Menschen angeregt. Was nun, wenn diese Wirklichkeit werden?


August 2017



In der Biologie ist es eine Selbstverständlichkeit: Dass alles Leben sich selbst hervorbringt, selbst reproduziert und selbst organisiert. Was die Technik betrifft, so gehört die Selbstreplikation ins Reich der Science Fiction. Roboter, die perfekte Kopien ihrer selbst herstellen können und sich alsbald schrankenlos vermehren sind eine äußerst populäre Endzeitvision.

John von Neumann war wohl einer der ersten, der dieser Vision in der Wirklichkeit nahegekommen ist: In den 1940er-Jahren konstruierte der berühmte Mathematiker hypothetisch, abstrakt eine selbstreplizierende Maschine. Sein Universalkonstruktor war praktisch allerdings nicht umsetzbar und es blieb beim theoretischen Konzept.

Was im vergangenen Jahrhundert John von Neumann nicht gelang, scheint heute auf dem besten Weg zu sein, Wirklichkeit zu werden. Ein Forscherteam der Universität Oslo entwarf selbstlernende und sich selbstreparierende Roboter, die komplexe Aufgaben in extremen Umgebungen ausführen sollen, wie etwa in Erdrutschgebieten oder Kernkraftwerken. Diese Roboter schaffen, worin Maschinen normalerweise schlecht sind: sich an Teilausfälle und unerwartete Beschädigungen anzupassen. Sie gehen mit solchen Situationen um, wie dies auch Lebewesen tun würden, nämlich kompensatorisches Verhalten zu entwickeln, das heißt, verliert der Roboter ein Bein, lernt er selbständig, sich mit dem verbleibenden Bein zu behelfen. Die ausgeklügeltste Version der Roboter ist imstande, für sich selbst herauszufinden, wie sie in einer bestimmten Situation idealerweise zusammengesetzt sein sollte. Je nachdem, ob es darum geht, sich schnell fortzubewegen, klein zu sein, oder wenig Energie zu verbrauchen, wählt der Roboter die bestmögliche Konfiguration aus. In Zukunft sollen sie aber noch mehr können: Beispielsweise mit Hilfe des eigenen 3D-Druckers Teile erstellen, installieren, um sich selbst etwa über Hindernisse hinwegzuhelfen. Damit freilich ist auch der Schritt zur Selbstreplikation nicht mehr fern.

Science Fiction lehrt uns, dass künstliches Leben, wenn es sich selbständig macht, sich letztendlich zumeist gegen den Menschen selbst wendet. Was nun also, wenn die Selbstvermehrung von Maschinen außer Rand und Band gerät? Wie kann sichergestellt werden, dass der Mensch stets die Oberhand behält und einen unendlichen Regress stoppen kann? Wenn es möglich ist, dass Roboter sich körperlich selbst optimieren, indem sie sich etwa ein zusätzliches Bein „ausdrucken“, wenn sie dies gerade benötigen, wie können wir dann noch davon ausgehen, dass sie nicht auch ständig intelligenter werden? Um schließlich die menschliche Intelligenz zu übertreffen? Man sieht schon: Selbstvermehrende und sich selbst optimierende Roboter beflügeln die Fantasie, was deren Einsatzbereiche betrifft – wahrlich scheinen diese grenzenlos. Ebenso viele Gedanken sollten allerdings noch in die Beantwortung der durch solche Entwicklungen aufgeworfenen philosophischen Fragen fließen.

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