Wer zahlt, bestimmt


Auf der Suche nach dem perfekten Produkt werden Konsumenten zu Finanziers und kaufen bloße Konzepte statt fertiger Produkte. Crowdfunding-Plattformen sind die neuen Shoppingcenter.


Mai 2013



Lange vorbei sind die Zeiten, als Kunden kauften, was Unternehmen auf den Markt warfen. Auch dass Produzenten ihr Ohr nah am Kunden haben, um nach den Bedürfnissen einer abstrakten Zielgruppe zu produzieren, ist längst Schnee von gestern. Und selbst Consumer Involvement, das Einbeziehen des Kunden in den Innovations- und Entwicklungsprozess, ist keine Neuheit mehr. Der Konsument von heute tritt in Vorleistung, um sich Mitsprache zu sichern und sodann der innovativsten und einzigartigsten Produkte zu erfreuen.

Auf Crowdfunding-Plattformen treffen sich kreative Unternehmer und Kunden auf der Suche nach ausgefallenen Neuheiten. Schlagen Kunden schon vor dem Produktlaunch zu, erhalten sie ihr Wunschprodukt statt für einen anonymen Markt produzierte Ware. Bei der Schwarmfinanzierung geben Internetnutzer nicht nur Geld für die Produktion der Ideen anderer, sie beteiligen sich auch an der Entwicklung, indem sie ihre Ideen beisteuern und Produktwünsche offenlegen und sorgen für ausreichend Promotion – schon bevor das Ganze realisiert ist.

So werden Crowdfunding-Plattformen zu den neuen Shoppingcentern: Statt der üblichen Massenware finden Konsumenten dort neue und einzigartige Produkte, die exakt ihren Wünschen entsprechen – und erhalten dazu noch das Gefühl, gehört zu werden und Teil einer innovativen Community zu sein. Crowdfunding bietet damit einen Weg aus der Qual der Wahl des übersättigten Konsumenten: Heute zählt, was neuer, besser, individualisierter ist. Dabei werden die Geldgeber stets die ersten sein, die das geförderte Produkt in Händen halten. Aber nicht nur dieser Startvorteil spricht viele an. Zusätzlich werden Kunden in eine Community eingebunden, die ein Zugehörigkeitsgefühl schafft, das oftmals höher eingestuft wird als das bloße Besitzen eines Produkts. So ist dem Produzenten eine loyale Anhängerschaft sicher und Word-of-Mouth ergibt sich wie von selbst. Auch weil es dem Kunden nicht nur um den Kauf auf Vorkasse geht: Konsumenten können durch Crowdfunding in einen Dialog mit dem Produzenten treten und ihre Gestaltungswünsche ausdrücken. Unternehmen erhalten so wertvolles Feedback und eine gute Möglichkeit, die Kundennachfrage schon vor Produktionsstart auszutesten.

Während beim Crowdfunding für große Unternehmen weniger das Auftreiben von Geld im Vordergrund steht, als vielmehr die Möglichkeit, Kundenwünsche zu erheben, könnte für kleine Unternehmen und Einzelpersonen Crowdfunding in Zukunft der primäre Weg der Produktfinanzierung sein. So wird vor allem die Makers-Bewegung der Schwarmfinanzierung kräftigen Rückenwind bescheren: Da heute mit Hilfe von Technologien wie 3D-Printing jeder zum Produzenten werden und Produkte herstellen kann, wie sie noch vor kurzem nur von den Fließbändern großer Fabriken gerollt sind, ergeben sich völlig neue Möglichkeiten der Individualisierung. Jedes einzelne Stück könnte nach Maßgabe des Kunden hergestellt werden – gegen Vorkasse, versteht sich.

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