Big Data auf dem Bauernhof


Bauernhofidylle war gestern, Big Data ist heute. In der modernen Landwirtschaft kommt es neben Wetter und Boden auch auf die Datenbasis an.


November 2017



Vor mehr als 200 Jahren stellte Thomas Robert Malthus seine pessimistische These auf, dass Hungersnöte programmiert seien, weil eine bloß arithmetisch ansteigende Nahrungsmittelproduktion nicht mit einer sich exponentiell vermehrenden Menschheit Schritt halten könne. „Zu wenig Essen für zu viele Mäuler!“ warnte er 1798 in seinem „Essay on the Principle of Population“. Dass sich der britische Ökonom geirrt hat, wissen wir heute. Denn was er nicht voraussah, war der enorme Einfluss von Technologie auf Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung. Lange Zeit spielte Technologie im Agrarbereich kaum eine Rolle. Doch heute ist es vor allem der Technik zuzuschreiben, dass immer weniger Landwirte immer mehr erzeugen.

Zwar erzeugt trotz der gewaltig angestiegenen Weltbevölkerung unser Planet immer noch ausreichend Nahrung für alle Menschen – wenngleich der Zugang nicht für alle gleichermaßen gegeben ist. Doch ist die Versorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln nicht für alle Zeiten selbstverständlich. Immer vehementer drängen sich Fragen nach der Qualität der Erzeugnisse und deren Einfluss auf die menschliche Gesundheit sowie Nachhaltigkeit auf.

Landwirtschaft steht heute vor der Herausforderung, auf verantwortliche Weise ausreichend gesunde Nahrung für eine wachsende Bevölkerung mit veränderten Ansprüchen und Lebensgewohnheiten zu produzieren. Dabei führt der Weg über noch mehr Technologie. Der digitale Wandel geht auch an den Ställen und Feldern nicht spurlos vorüber – ganz im Gegenteil kommt dem Agrarbereich mittlerweile sogar eine gewisse Vorreiterrolle zu. Als Smart Farming wird der Einsatz digitaler Technologie in der Landwirtschaft verstanden, um nicht – wie bisher hauptsächlich geschehen – die Kapazität zu steigern, sondern die Effizienz zu erhöhen. Man könnte auch sagen: Big Data zieht auf dem Bauernhof ein.

Moderne Landwirtschaft setzt auf moderne Informations- und Kommunikationstechnologie, verfügt über digitalisierte Maschinen und Geräte, nutzt Infrastrukturen wie Cloud Computing zur Abstimmung etwa über den Bearbeitungsstand von Ackerflächen, den Bedarf an Materialien und die Koordinierung der Maschinen. Drohnen werden zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Melkroboter tasten mit Laserstrahlen Kuheuter ab und sammeln Daten über Kuh und Milch. Ackerroboter unterscheiden Nutzpflanzen von Unkraut und machen Letzterem selbständig den Garaus. Traktoren fahren autonom über den Acker. GPS-gestützte Mähdrescher zeichnen für jeden Quadratmeter exakt auf, welche Qualität und Menge an Ernte dieser einbrachte. Zusammen mit Informationen über den Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz sowie Wetterkonditionen ergeben sich wertvolle Erkenntnisse. Mit weiteren Fortschritten in der Informations- und Sensortechnologie sowie in der Robotik ist zu erwarten, dass sich die Möglichkeiten noch weiter ausdehnen: In einer Zukunftsvision wird der Bedarf jeder Pflanze an jedem beliebigen Standort und Zeitpunkt immer akkurater aus der Ferne festgestellt werden können. Statt harter Knochenarbeit erfolgt die Arbeit des Landwirts zunehmend vor dem Computerbildschirm, weil dessen Funktion immer mehr eine überwachende und kontrollierende ist. Wie bereits in modernen Fabriken macht man sich auch auf dem Bauernhof immer seltener die Hände schmutzig.

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